Alfsgir ging auf eine die Tür mit der Aufschrift privat zu und klopfte an. Kurz darauf öffnete er und gab den beiden ein Zeichen, einzutreten.
Vor einem Kaminfeuer saß ein altes Pärchen in ihren Schaukelstühlen. Das Aufstehen bereitete beiden sichtlich Mühe. Sie stellten sich als Gerda und Edvard vor.
„Bitte nehmt doch Platz“ sagte Gerda und deutete auf den großen Esstisch. „Alfsgir bringt Euch gleich etwas heißen Tee. Das Abendessen ist auch bald fertig.“
Paola und Topa zogen ihre Jacken aus und setzten sich.
„Hattet ihr eine gute Reise?“, fragte Edvard, um das Eis etwas zu brechen.
Nach dem die üblichen Höflichkeiten ausgetauscht waren und Alfsgir den Tee gebracht hatte, kamen die alten Wirtsleute auf das Thema des Besuchs zu sprechen.
„Dein plötzliches Auftauchen im letzten Sommer hat uns überrascht“, sagte er an Paola gewandt. „Wir hätten nicht gedacht, nach dieser langen Zeit noch etwa von Euch zu hören. Wir haben uns oft gefragt, wie es euch wohl ergangen ist. Das ihr jetzt hier an unserem Tisch sitzt, ist für uns ein versöhnlicher Abschluss mit dieser Tragödie.“
„Ohne meine Schwester hätte ich nie von dem Unfall und von euch erfahren“, sagte Topa.
„Dann weißt du ja schon alles von Paola. Wir freuen uns, auch dich einmal kennen zu lernen. Bei ihrem ersten Besuch haben wir Paola schon alles erzählt, was wir noch wussten. Viel neues werden wir euch diesmal wohl nicht erzählen können“ sagte Gerda.
Alfsgir kam mit einer großen Schüssel Eintopf herein. Während des Essens musste Topa seine Lebensgeschichte erzählen.
„Ich kümmere mich um den Schlitten und die Rentiere“, sagte Alfsgir nach dem Essen. „Danach habe ich noch eine Überraschung für Euch.“
„Jetzt, da wir euch beide kennen, wollen wir die Geschehnisse noch einmal erzählen. Wir haben lange darüber nachgedacht, was damals alles passierte“, begann Edvard.
Topa machte sich immer wieder Notizen, während die beiden Alten abwechselnd von jenen Tagen erzählten.
„Dein Vater war wie von Sinnen. Er hatte schwere Verletzungen von dem Unfall, wollte das aber nicht zugeben, nicht mal sich selbst gegenüber. Der lange Marsch hatte ihm zusätzliche Kräfte geraubt. Beides alleine hätte er wohl überlebt. Er war so verbissen, seine Familie zu retten, dass er auf sich keine Rücksicht genommen hat. Immer wieder haben wir ihm auf dem Boden vor seinem Bett gefunden. Einmal hat er es fast bis zur Eingangstür geschafft, bevor er zusammengebrochen ist. Er hat sich eingeredete, alles sei seine Schuld. Wir haben versucht ihn zu trösten, im dem wir ihm erzählten, ihn träfe keine Schuld und selbst eine Hebamme könne eine Frau nach der Geburt nicht immer retten. Selbst dass ihr beide überlebt habt, konnte ihn nicht über den Tod eurer Mutter trösten. Er muss sie sehr geliebt haben“, sagte Gerda.
Als Edvard von der Suche nach der Unfallstelle erzählte, kam Alfsgir mit einer kleinen Kiste unter dem Arm zurück uns setzte sich mit an den Tisch. Er wartete bis sein Vater zu Ende erzählt hatte, dann nahm er zwei kleine und ein größeres Päckchen heraus.
„Das ist alles, was wir noch von den Sachen eures Vaters haben“ sagte er und gab die Päckchen an Paola und Topa.
„Bei unserer Mutter habt ihr nichts gefunden?“ fragte Paola. Angst und Hoffnung sprachen aus ihr, doch ihre Gastgeber senkten nur die Köpfe.
„Es tut uns leid“, sagte Edvard schließlich. „Der Unfall muss schrecklich gewesen sein. In dem tiefen Schnee und dem Chaos das dort herrschte konnten wir nichts mehr finden.“
Topa hatte mittlerweile die beiden kleineren Päckchen geöffnet. Aus einem kam eine kleine Pfeife und ein alter Tabaksbeutel zum Vorschein, aus dem anderen ein in Öltuch gewickeltes Messer in einer Lederscheide.
Paola öffnete das größere Paket. Darin lagen zwei Büchlein und einige Briefe. Sie warf einen Blick hinein.
„Die Tagebücher unserer Eltern. Und die Briefe, die sie sich geschrieben haben“, sagte sie mit zittriger Stimme.
Die beiden Alten gaben vor, müde zu sein und zogen sich zurück. Alfsgir zeigte ihnen noch ihre Zimmer und machte sich daran, die Gaststube abzuschließen.
„Ihr könnt gerne noch ein wenig in der Stube sitzen bleiben und lesen“, sagte er. „Für mich war es ein langer Tag. Morgen bringe ich euch nach dem Frühstück zu den Gräbern eurer Eltern.“
„Gräber?“, fragte Topa erstaunt. „Sind sie denn nicht zusammen begraben?“
„Nein. Eure Mutter hat man damals gleich im Wald begraben, um sie vor den wilden Tieren zu schützen. Euren Vater haben sie auf dem kleinen Friedhof hier am Waldrand begraben.“
Lieber Phil,
Halbzeit Deiner spannenden Geschichte.
Also ich bin gespannt, wie es weiter geht!
Danke dafür und freundschaftliche Grüße,
vom Hörbie