13 Warum nur?

Paola wurde wieder in das Zimmer gesperrt. Aller Luxus, der kleine Balkon, die herrliche Aussicht, nichts konnte ihr das Gefühl in einem Gefängnis zu sein abnehmen. Um sich etwas abzulenken, erkundete sie den Raum. Er war größer als eine Hütte im Weihnachtsdorf. In einem Alkoven stand hinter einem Vorhang ein Bett; groß genug für 3 Personen. Gegenüber stand vor einem offenem Kamin eine Sitzgruppe mit einem kleinen Tisch. Darauf entdeckte sie ihren Rucksack. Am Kopfende des Bettes schloss sich eine lange Fensterfront mit Zugang zum Balkon an. Vor einem der Fenster stand ein Esstisch mit einigen Stühlen. Darauf stand ein Krug mit Wasser und eine Schale mit frischem Obst. Neben der einzigen Tür im Raum entdeckte sie einige Wandschränke. Hinter dem ersten fand sie eine Toilette, hinter dem zweiten ein Waschbecken mit einer Wasserschüssel. Die nächste Tür war verschlossen. Im letzten Schrank fand sie einige Kleider und Wäsche. Paola hatte keinen Zweifel, dass die Kleider ihr passen würden.

Sie setzte sich an den Schreibtisch und starrte aus dem Fenster. Denk nach, zwang sie sich. Sie wusste nun wer sie hatte entführen lassen, sie wusste wohin und sie wusste warum. Was sie nicht wusste war, was der Graf mit ihr vorhatte. Wo war der Graf überhaupt? Dass er sie noch nicht aufgesucht hatte und die wenigen Wachen die sie gesehen hatten deuteten darauf hin, dass er auf einer seiner vielen Reisen war. Gut, dachte Paola. Das verschafft mir etwas Zeit, um seine Pläne mit ihr heraus zu finden. Vielleicht, so hoffte sie, würde ihr auch noch genug Zeit bleiben, sich ein paar Dinge einfallen zu lassen, um seine Pläne zu durchkreuzen. Auch, wenn das gefährlich war. Sie war aus dieser Welt geflohen, jetzt musste sie sich wieder an möglichst viel erinnern, um eine Chance zu haben, das hier heil zu überstehen oder um zu fliehen.

Avanti!“, rief sie als es an der Tür klopfte. Die Tür wurde aufgesperrt und ein Diener trat ein, verbeugte sich und teilte ihr mit, dass Signora sie zum Abendessen erwartete. Paola nickte und der Diener verschwand wieder. Der Diener würde ihr genau so viel Zeit geben, wie eine Dame brauchen würde sich für das Abendessen zurecht zu machen. Paola nutzte die Gelegenheit, um sich eine Strategie zurecht zu legen, die Absichten des Grafen von Leles Mutter zu erfahren.

Das Abendessen verlief, wie Paola es erwartet hatte. Leles Mutter versuchte krampfhaft die übliche Konversation hinter sich zu bringen. Es viel ihr sichtlich schwer, ihren Triumph nicht in Worte zu fassen. Paola gab sich sichtlich desinteressiert, nickte hier und da, wich Fragen möglichst umständlich aus und vermied jeden Blickkontakt. Sie verdünnte ihren Wein mit viel Wasser und nippte nur an ihrem Glas.

Nun, willst du denn gar nicht wissen, warum du hier bist?“

Weil Sie mich wie ein Stück Vieh auf dem Markt eintauschen wollen“, antwortete Paola.

Stell dich nicht dümmer als du bist“, herrschte Leles Mutter sie an.

Ich denke, Sie wollen wissen, warum ich damals geflohen bin.“

Ach wie naiv du doch bist. Denkst immer noch, es geht hier um dich.“

Wenn es nicht um mich ginge, wäre ich nicht hier. Also bin ich die Hauptperson.“

Nichts bist du!“, schrie Leles Mutter. „Wenn Luca dich nicht als Mutter seines Erben bräuchte, würde ich immer noch hier festsitzen, ohne die Aussicht, je nach Amerika zu kommen.“

Das war es also. Luca wollte ihre Familien zusammen führen, und bediente sich einer List. Und sie, Paola, war die Leittragende.

Ist das Angst, was ich in deinem Gesicht sehe?“ fragte Leles Mutter. „Angst vor der Hochzeit oder vor der Ehe mit Luca?“

Nun, dann wirst du wohl meine Schwiegermutter sein. Melodi Bo ist doch dein Name, oder?“ Paola war wie selbstverständlich zum du gewechselt und hatte Leles Mutter bei ihrem Namen angesprochen.

Wo denkst du hin. Eine missratene Tochter reicht mir, da brauche ich nicht auch noch ein Flittchen als Schwiegertochter. Ich werde dann längst nicht mehr hier sein.“

Fragt sich, wer von uns beiden das Flittchen ist, dachte Paola bei sich.

Ich bin müde und werde mich hinlegen“, sagte Paola.

Aber natürlich. Die Aussicht auf eine so gute Partie, der Titel das Gräfin und das Ansehen bei den Leuten kann eine schwache Frau durchaus erst mal aus der Bahn werfen.“

Paola erwiderte den Seitenhieb nicht. Diese Runde ging an Melodi Bo. Aber Sie hatte erfahren, was sie wissen wollte. Jetzt galt es, die richtigen Schlüsse daraus zu ziehen.

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