Ein Faust hämmerte gegen die Tür uns weckte Fynn. Draußen war es noch dunkel, in der kleinen Kammer lag die Kerze auf dem Nachttisch in ihrem letzten Atemzügen.
„Du musst los“, sagte die Dirne neben ihm.
Fynn stand auf. Er war, ebenso wie die Dirne, noch vollständig bekleidet. Er streckte sich, aber die Müdigkeit wollte nicht weichen.
„Danke für alles“, sagte er.
„Du hast dafür bezahlt.“
„Verrätst du mir zum Abschied deinen Namen?“
„Verrat´ ich dir, wenn du lebend zurück kommst. Und jetzt beeil dich.“
Fynn verließ die kleine Kammer und ging die Treppe hinunter in die Schankstube. In der Eingangstür zum Mermies stand einer der Offiziere der Marten. Vor ihm die Matrosen in einer Schlange. Der Wirt drückte jedem einen Kanten Brot und einen Krug Wasser in die Hand.
„Nächster“, rief der Offizier. „Name?“
Der Matrose trat auf den Offizier zu, nannte seinen Namen, der Offizier machte einen Hacken auf seiner Liste und das Spiel wiederholte sich.
Fynn überlegte, ob er seinen richtigen Namen nennen sollte.
„Ay, du musst der Klugscheißer sein“, sagte der Offizier als Fynn an der Reihe war. „ Viktigpetter ist mir zu lang. Du heißt ab so sofort Vik. Und jetzt scher dich raus.“
Vor dem Mermies hatte ein weiterer Offizier die Matrosen in Dreierreihe antreten lassen. Fynn war erstaunt. Soviel militärische Disziplin hatte er auf einem Handelsschiff nicht erwartet.
In einem halbwegs gleichmäßigen Gleichschritt ging es in Richtung Marten. Dort angekommen durften zuerst die altgedienten Matrosen an Bord. Als Frischling kam Fynn mit als letzter an die Reihe. Er folgte dem Matrosen vor ihm in den Schlafraum der Matrosen. Jetzt erkannte er auch den Sinn dahinter. Die altgedienten Matrosen konnten sich als erstes die besten Schlafplätze aussuchen. Für ihn und den Matrosen nach ihm blieben nur zwei kleine Nischen neben der Tür, direkt an der Bordwand. Jeder Matrose der kam oder ging musste zwangsweise an ihnen vorbei. Fynn fühlte sich in seine ersten Tage als junger Rekrut beim Militär zurück versetzt. Er würde sich wieder von ganz unten hocharbeiten müssen. Die Überfahrt würde also kein Zuckerschlecken werden, ganz im Gegenteil. Dem Frischling neben ihm würde es nicht besser ergehen. Er wirkte verängstigt und war längst nicht so stark wie Fynn. Ihn würden sie ganz besonders hart malträtieren. Fynn bekam Mitleid mit dem Burschen, der noch nicht mal erwachsen sein dürfte.
„Vik“, sagte er und reichte ihm die Hand.
„Casper“, sagte der nach einer Weile. Sein Händedruck war weich. Fynn beschloss so gut es ging auf den Kleinen aufzupassen.
„Bleib in meiner Nähe wenn du kannst.“
„Warum?“
„Zu zweit sind wir stärker“, sagte Fynn.
Casper schien nicht den Hauch einer Ahnung zu haben, was auf ihn zukommen würde.
„Na los ihr faulen Hunde. Genug ausgeruht. An Deck angetreten und zwar plötzlich“, rief einer der Offiziere. Wieder war Fynn über den militärischen Befehlston überrascht. Die Erklärung dafür würde er noch teuer bezahlen müssen; aber das wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht.