Lele war kaum eingeschlafen, da wurde sie auch schon wieder geweckt.
„Hey, steh auf, ihr müsst los“, sagte Jarkko.
Neben ihr war Topa schon fast damit fertig, seine Decken und Felle zu verpacken und auf den Schlitten zu laden. Sie richtete sich auf und sah sich um. Die anderen hatten ihre Schlafplätze längst geräumt und verstaut. Franco kochte Kaffee und Toni kaute auf einem Stück Brot. Als sie auch ihre Felle und Decken verstaut hatte, setzte sie sich zu den anderen ans Feuer. Topa reichte ihr eine Tasse Kaffee und ein Stück Brot.
„So sieht der Plan aus“, begann Fynn. „Wir teilen uns in zwei Gruppen auf. Die erste Gruppe – Toni, Lele und Franco – bleibt im Verborgenen. Ihr sichert uns ab und greift nur ein, wenn ich euch ein Zeichen dazu gebe. Franco hat das Kommando, er wird euch sagen was zu tun ist.“
Fynn deutete ihr Schweigen als Zustimmung.
„Die zweite Gruppe – Topa, Jarkko und ich – wir befreien Jytte. Jeder hält sich strikt an den Plan, keine Alleingänge und Planänderungen nur auf mein, für die erste Gruppe auf Francos, Zeichen. Alle klar?“
Wieder sagte keiner etwas.
„Dann los!“, sagte Fynn. „Nehmt euch genügend Proviant mit, selbst wenn alles gut geht werden wir keine Pause haben, bis wir wieder sicher im Weihnachtsdorf angekommen sind. Und nehmt euch etwas Glut mit.“
Sie öffneten ihre Tongefäße, Fynn löffelte etwas Glut hinein, verschlossen die Gefäße wieder fest und steckten sie in ihre Taschen. So konnten Sie bei Bedarf schnell ein Feuer entzünden. Viel wichtiger war aber, dass sie sich die Hände damit wärmen konnten.
Franco lies sich von Lele in die Nähe des Westtores der Stadt bringen. Das Tor war noch geschlossen, eine Wache lehnte im Halbschlaf sichtlich schief daran.
„Du fährst mit Toni zu dem alten Hof von Opa Kester. Dort stellst du den Schlitten hinter die Bauernhütte. Die Rentiere spannst du an den Schlitten, den du in dem Schuppen gefunden hast. Versichere dich, dass er auch zu gebrauchen ist. Dann warte, bis wir dich rufen. Aber sei jederzeit bereit.“
„Mehr soll ich nicht machen? Rumsitzen und warten?“
„Ay. Und jetzt los!“ befahl er und kletterte auf einen Baum.
Widerwillig fuhr Lele los. Toni und sie sprachen keine Wort. Auf dem Hof angekommen tat sie was Franco ihr aufgetragen hatte. Toni nahm seine Armbrust, ein Fell und eine Decke.
„Was willst du damit?“, fragte Lele.
„Ih suche mir ein schöne Plätzchen auf die Dach oben. Und wenn was nix so läuft wie geplant, ich schieße schnell und gute“ sprach er und verschwand. Sie und Toni sollten also nur aufpassen und im Notfall eingreifen. Statisten, die Fynn wie Schachfiguren hin und her schob. Deswegen war sie nicht mit gekommen. Und was zum Henker machte Franco auf einem Baum vor der Stadt?
Als Fynn, Jarkko und Topa mit den beiden Rentieren auf dem Hof eintrafen, fanden sie alles so vor, wie geplant. Topa spannte die Rentiere vor den Schlitten, Fynn und Jarkko errichteten an einem Dachbalken der Bauernhütte einen provisorischen Galgen. Als sie damit fertig waren, kletterten die ersten Lichtstrahlen schüchtern den Horizont hinauf.
Topa zog sich eine Kapuze mit Sehschlitzen über den Kopf. Dann warteten sie darauf, Jytte hinzurichten.
Zur gleichen Zeit öffnete sich das Westtor der Stadt. Franco zählte mit. Drei Schlitten und ein Dutzend Männer in der Uniform der Stadtwache. Dazu zwei Gefangene und eine Zivilperson. Das musste der Bürgermeister sein. Die Gegner waren also dreifach in der Überzahl. Beruhigt machte er sich an den nächsten Teil seiner Aufgabe. Mit so wenig Gegnern sollte das ein Kinderspiel werden.