Lele saß in ihrem Bett und strickte Babysocken. Sie war froh, das ihr kleines Abenteuer so glimpflich ausgegangen war. Topa war zu ihrem Erstaunen nicht böse auf sie. Im Gegenteil, er hatte mit viel Verständnis reagiert. Sie konnte das Gefühl nicht genau beschreiben, aber es tat ihr gut, bei Topa einfach sie selber sein zu können. Sie schämte sich für ihre Schwächen und Fehler. Aber Topa schien sie genau dafür zu lieben. Dieses Vertrauen breitete sich als wohlige Wärme in ihr aus.
Die Wärme bekam einen spürbaren Dämpfer, als die Tür aufging und ihre Mutter hereinstürmte.
„Kindchen, willst du deine Mutter umbringen? Was machst du auch für Sachen? Ich hab dir ja gesagt, dass dein Umgang noch zur Tragödie führen wird. Aber jetzt ist alles gut, ich bin da und werde das in die Hand nehmen. Kindchen, wie du aussiehst.“
„Danke, mir geht es gut. Schön, dass du danach fragst!“, stellte Lele beiläufig fest und konzentrierte sich demonstrativ auf die Babysocken.
„Was? Ach natürlich geht es dir gut, schließlich haben deine Eltern dir geholfen.“
„Ja, Papa hat sich nach meiner Einlieferung um mich gekümmert. Und es waren Topa und Boje, die mich gerettet haben. Du hast es immerhin schon am nächsten Tag geschafft, nach mir zu sehen. Sehr aufmerksam. Danke.“
„Also Kindchen, eine Frau in meiner Position, da hat man halt Verpflichtungen, die…“
„…wichtiger sind als die eigene Tochter?“, beendete Lele den Satz ihrer Mutter. Verdutzt hielt die Rektorin inne. Das ihr jemand ins Wort fiel war sie nicht gewohnt.
„Aber….“, begann sie.
„Nichts aber. Ich freue mich, wenn du mich besuchst und nach mir siehst. Nur deine Predigt spar dir bitte. Ich werde mein Leben auch ohne dich meistern.“ Lele blickte ihrer Mutter dabei fest in die Augen. Dann strickte sie weiter.
„Kindchen, was sind das denn für Töne? Willst du deine Mutter etwa aus deinem Leben drängen? Nun, dann wird es dich auch sicher nicht interessieren, was ich Neues über diesen Topa und diese unmögliche Frau Paola erfahren habe.“
„Du hast recht, es interessiert mich nicht.“
„Die ganze Nacht war sie bei ihm. Das sagt doch alles. Kaum bist du im Krankenhaus, schon verbringen die beiden eine ganze Nacht zusammen. Ich will gar nicht wissen, was die da so gemacht haben. Bestimmt….“
„Wir haben uns über unsere Familien unterhalten und interessante Zusammenhänge entdeckt.“ Jetzt war es Topa, der der Rektorin ins Wort fiel.
„Stimmt“.pflichtete Paola ihm bei. „Das machen Geschwister so.“ Weder die Rektorin, noch Lele hatten bemerkt, dass Topa und Paola das Zimmer betreten haben.
„Haben die beiden etwa gelauscht?“, fragte die Rektorin Lele.
„Nun, das hoffe ich doch“, gab Lele triumphierend zu. „Mama, die beiden sind Geschwister. Deine Andeutungen könnten für eine Frau in deiner Position peinlich werden, wenn sie offensichtlich falsch sind.“
„Also bitte. Eine Frau in meiner Position….“ Diesmal wurde die Rektorin von einem Arzt unterbrochen, der das Zimmer betrat.
„Soo, dann wolln wir mal sehen, was wir hier haben“. Der Arzt hatte eine auffällig tiefe Stimme. Lele konnte sich nicht erinnern, ihm je während der Arbeit begegnet zu sein. Er stand am Fenster und hielt sich Leles Krankenblatt vor das Gesicht.
„Na da haben wir ja jede Menge Besucher. So geht das nicht. Die Patientin braucht Ruhe.“
„Bitte“, sagte die Rektorin. „Ich war zuerst hier. Sollen die beiden Personen wieder gehen.“
„Gnädige Frau, das ist kein Wunschkonzert sondern ein Krankenhaus. Sie verlassen jetzt bitte alle das Zimmer.“
Die Rektorin wollte sich noch nicht geschlagen geben. „Aber ich bin ihre Mutter!“
„Und ich bin ihr Arzt. Und ich dulde keine Diskussion“, sagte der Arzt mit ernstem Ton und zeigte mit dem Finger auf die Tür.
„Also das ist doch eine Unverschämtheit. Junger Mann, sie wissen wohl nicht wer ich bin. Mein Mann ist hier der Chef, ich werde mich sofort auf das energischste bei ihm über sie beschweren“, schnaubte die Rektorin und stürmte an Topa und Paola vorbei aus dem Zimmer. Die beiden Geschwister wollten auch gerade gehen, doch der Arzt hielt sie zurück.
„Ihr könnt bleiben, die Gefahr ist aus ärztlicher Sicht vorbei“, sagte er und senkte das Krankenblatt.
„Boje?!“, riefen alles drei fast gleichzeitig.
„Ich hab mich schon gewundert, dass ich diesen Arzt nicht kenne“, sagte Lele lachend. „Kein Wunder. Das war ne starke Nummer. Wie bist du denn auf die Idee gekommen?“
„Wir standen vor der Tür und haben deine Mutter bis auf den Gang gehört. Da hab ich mir einfach einen Arztumhang geschnappt und ein wenig improvisiert. Jetzt muss ich aber schnell den Umhang zurück geben. Und Vendela wartet auch noch draußen“: Boje zog den Umhang aus und verließ das Zimmer. Kurz darauf kehrte er mit Vendela zurück, die einen großen Korb trug.
Die Freunde freuten sich zusammen über den gelungenen Scherz.
„Also eure Idee, das ihr Geschwister seit, hat die Rektorin aber auch ganz schön aus der Fassung gebracht“, sagte Vendela.
„Das ist kein Scherz“, sagte Paola und weihte die beiden in das Geheimnis ein, das nun endlich keines mehr war. Lele hatte sie bereits bei ihrem Besuch mit Tante Unn eingeweiht.
„Also das müssen wir feiern!“ Vendela öffnete ihren Korb und präsentierte eine ordentliche Brotzeit, die wohl für das ganze Krankenhaus gereicht hätte. Boje schnappte sich die Flasche Wein und sagte mit seiner Arztstimme: „Aus ärztlicher Sicht keine Einwände!“
Den restlichen Weihnachtsabend verbrachten die fünf Freunde lachend bei gutem Essen und einer Flasche Wein.
Wie eine richtige Familie, dachte Lele bei sich. Ich wünschte mir, dass es immer so sein würde.
Ob Lele´s Wunsch in Erfüllung geht, warum sie Babysocken strickt und welche Abenteuer die Freunde noch zusammen erleben, dass erfahrt ihr nächstes Jahr. Denn die Geschichte wird weiter gehen. Die Babysocken sind nicht meine Idee, die gibt es wirklich. Und zwar handgemacht mit selbst gefärbter Wolle und mit viele Liebe hergestellt und verpackt. Schaut doch mal unter www.mal-eben.me – da gibt’s auch einen sehr schönen Adventskalender (findet ihr auch bei Fäisbugg). Mehr dazu nächstes Jahr.
Ich möchte mich ganz herzlich bei Allen bedanken, die mich auch dieses Jahr bei der Geschichte begleitet haben. Wem die Geschichte gefallen hat, der darf sie gerne weiterempfehlen, wem das eine oder andere nicht so gut gefallen hat, den bitte ich, mir das zu schreiben. Lob und Kritik sind immer als Kommentar (funktioniert wieder) oder per Mail an mich willkommen.
Ich wünsche Euch allen ein frohes Weihnachtsfest im Kreise der Menschen, mit denen ihr gerne so ein Fest feiert. Für das nächste Jahr Wünsche ich Euch ebenfalls Alles Gute und vor allem Gesundheit, Zufriedenheit und viele schöne Momente mit der Familie und Freunden.
Liebe Grüße
Philipp