4/2017 Das rettende Ufer

Der Schmerz raubte ihm kurz die Besinnung, doch die frische Luft die endlich in seine Lungen strömte, hielt ihn wach. Auch der zweite Teil war aufgegangen.

Fynn war an der Oberfläche und versuchte, so viel kleineres Treibgut zu sammeln, dass er sich darauf legen konnte. Während seiner Ausbildung hatte er gelernt sich nicht an große Baustämme zu klammern. Diese drehten sich oft um die eigene Achse und wurden von den Fluten stärker hin und her geschleudert. Sich ständig festzuhalten und immer wieder unter Wasser gerissen zu werden würde ihm sehr schnell ermüden.

Er verkeilte und verknotete die Äste die er zu fassen bekam zu einem kleinen Floß, das ihn mehr schlecht als recht trug, aber zumindest nicht auseinander fiel.

Eine Weile lag er so auf seinem Floß aus Treibgut und versuchte, wieder zu Kräften zu kommen. Als er zu frieren begann, versuchte er sich auf den weiteren Verlauf seiner Flucht zu konzentrieren. Er durchsuchte die Ausrüstung und Kleidung. In seinem Stiefel steckte noch ein Messer, an seinem Gürtel war noch eine kleine Axt und die Tasche für Notfälle. Sein Schwert, seine Armbrust und alle anderen Waffen hatte er weggeworfen oder im Wasser verloren.

Er zog sein nasses Hemd aus, um sich besser bewegen zu können. Es gelang ihm, einen großen Ast zu greifen. Nachdem er die kleineren Äste und alles Laub daran entfernt hatte schlug er das dünne Ende mit seiner Axt ab. Nun hatte er etwas, um den Zusammenstoß mit Felsen und anderem Treibgut zu vermeiden. Seine Situation hatte sich so weit verbessert, um wieder Hoffnung zu schöpfen.

Die Stadt war nach vor dem Sonnenaufgang angegriffen worden. Den Wachen war es noch gelungen Alarm zu schlagen, bevor sie niedergemetzelt wurden. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand noch nicht erreicht, als er gesprungen war. Jetzt versank die Sonne langsam am Horizont. Er spürte Hunger und Müdigkeit immer größer werden. Die Nacht auf dem Fluss zu verbringen war zu gefährlich. Bis jetzt hatte er viel Glück gehabt. Er glaubte nicht an Glück, sondern war überzeugt, dass er sich mehr nur auf seine Fähigkeiten und seinen Instinkt verlassen konnte. Er musste irgendwie ans Ufer kommen. Geschickt nutzte er Untiefen und Treibgut, um sein Floß aus der Mitte an den Rand zu lenken.

Fynn wickelte sein Hab und Gut in sein Hemd und band es sich mit seinem Gürtel auf den Rücken. Dann wartete er, bis sich der Flusslauf in die für ihn günstige Richtung ändern würde. Die Strömung würde ihn so noch ein wenig weiter an den Rand treiben. Als er nah genug war, rammte er den Stock mit aller Wucht in den Boden, um sich während des Sprungs Richtung Ufer darauf abzustützen. Er landete knietief im Wasser und war mit wenigen Schritten am Ufer.

Es dauerte eine Weile, bis Fynn einen geeigneten Lagerplatz gefunden und genügend trockenes Holz für ein kleines Feuer gesammelt hatte. Sein Entschluss stand fest. Er wollte soweit weg wie möglich von seinem alten Leben. Dorthin, wo ihn niemand kannte und er ein neues Leben ohne Gewalt, Kampf und Krieg beginnen konnte. Er wollte dem Fluss bis zur Mündung folgen, dort in einem Hafen auf einem Schiff anheuern und über das Meer in ein neues Land reisen.

Zwar hatte er wieder festen Boden unter den Füßen und das Feuer würde ihn wärmen und seine Kleidung trocknen, doch er würde all sein Wissen brauchen, um alleine in der Wildnis zu überleben. Wenn er verschwunden bliebe, stieg die Wahrscheinlichkeit, dass sie ihn für tot hielten. Erst in ein paar Tagen würde er sich wieder in ein Dorf oder eine Stadt wagen, um nicht erkannt zu werden. Sein Wissen und seine Ausbildung als Soldat würden ihm helfen, nicht zu verhungern.

Er nutzte das letzte Tageslicht, um noch etwas zu essen zu finden. Er fand einige Beeren, ein paar Pilze, Löwenzahn, Holunder und sogar einige Haselnüsse. Sobald das Feuer brannte, aß er bis er satt war und baute eine einfach Falle, um am nächsten Tag einen Hasen oder andere Wild zu fangen. Er richtete sich ein Nachtlager und war schnell eingeschlafen.

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