Paola rollte die Augen. „Ich mach ein wenig sauber, damit wir uns wenigsten setzen können“
„Lass mich das machen“, sagte Fynn. „Warum legst du dich nicht an den See, liest ein wenig und ich kümmere mich um den Rest?“
Fynn schien völlig überzeugt zu sein, von dem was er vorhatte, was auch immer das sein mochte. Paola schnappte sich die Decke die sie mitgebracht hatten und verließ die Hütte. Sie lehnte mit dem Rücken an einem der Pfosten auf dem Steg, zog ihr Buch aus dem Rucksack und war bald darauf in der Welt der Kräuter und Heilpflanzen versunken.
Aus dieser Welt tauchte sie erste wieder auf, als der Duft von gebratenem Fisch und ein Klappern oder Hämmern sie den Kopf heben lies. Fynn stellte gerade den Tisch und zwei Stühle auf die Wiese neben der Hütte. Er zwinkerte ihr zu und deutete mit einer einladenden Geste auf einen der Stühle. Paola setzte sich. Fynn kam aus der Hütte und stellte Teller und Becher auf den Tisch. Wieder zwinkerte er ihr zu. Sie schaute ihm nach, als er zu der kleinen Feuerstelle ging um den Fisch zu holen. Fynn hatte sein Hemd ausgezogen. Er bewegte sich elegant aber doch kraftvoll. Sein kräftiger Oberkörper war braungebrannt. Eine dünne Schicht aus Staub und Schweiß bedeckte seinen Rücken. Als Fynn mit dem Fisch auf sie zukam, sah Paola, dass auch Gesicht, Brust und Bauch braungebrannt und dreckig waren. Paola war jetzt wieder ganz in dieser Welt.
„Sieht sehr lecker aus. Leider etwas schmutzig.“
„Die Haut ist etwas verbrannt. Aber ansonsten ist der Fisch gut geworden“, antwortete Fynn.
Auf dem Tisch stand ein Teller mit Brot und eine Schüssel mit Beeren. Dazu gab es Wasser und einen Becher Wein für jeden.
Mit wenigen Handgriffen entfernte Fynn ein dickes Bündel Kräuter aus dem Bauch des Fisches, trennte den Kopf der Forelle ab und zerlegte diese in zwei Hälften. Paola beobachtete ihn dabei. Sie fragte auch nicht woher und wie, sie lies sich einfach verführen.
Beim Essen ersetzten sie Worte durch Blicke. Paola war glücklich und zufrieden wie nur selten zuvor. Genauso wie Fynn das Geheimfach in der Truhe ihrer Mutter gefunden hatte, so hatte er wie selbstverständlich diese Hütte gefunden und während sie in dem Buch versunken war die Hütte geputzt, einen Fisch gefangen – was sie überhaupt nicht mitbekommen hatte – und ihn zubereitet. Sie fragte auch nicht, woher Fynn dies alles konnte. Fynn war eben Fynn. Und der wirkte ebenso zufrieden und glücklich wie sie.
„Das war sehr lecker“, beendete Paola das Schweigen, nachdem sie die letzte Beere gegessen hatte.
„Hab ich gerne für dich gemacht,“ bedankte sich Fynn für das Kompliment.
„Ich hab von alle dem nichts mitbekommen.“
„Nun“, spielt Fynn den Beleidigten. „So ist das halt, wenn man eine Hexe als Freundin hat“, grinste er.
„Hast du keine Angst, dass die Hexe dich verhext?“
„Hat sie schon“, gestand er.
„Ich würde mich ja gerne für das Essen bedanken, aber du bist mir zu schmutzig.“
Fynn erhob sich langsam und kam auf sie zu. Er nahm sie an die Hand und zog sie in Richtung See.
„Das wagst du nicht.“
„Sind Hexen etwa wasserscheu?“, feixte Fynn und zog sie weiter.
Nach dem Bad wärmten sie sich in der Sonne. Ihr Kleider legten sie zum trocknen auf den Steg. Sie lagen einfach nur da und unterhielten sich darüber, was in den letzten Tagen im Dorf los war. In stiller Übereinkunft stellte auch diesmal keiner Fragen über die Vergangenheit des anderen. Und beide waren froh darüber.
„Es ist wirklich perfekt hier.“, gestand Paola. „Danke für Alles.“
„Ich liebe dich, Paola.“
„Ich liebe dich, Fynn.“
Die Sonne versank langsam hinter dem Wald, und so machten sie sich auf den Rückweg ins Dorf.
In Oma Lerkes Hütte brannte kein Licht.
„Sie scheint noch auf Livdröm zu sein“, sagte Paola. „Vermutlich wird sie dann auch dort übernachten. Wir haben also noch die ganze Nacht.“
„Perfekt“, flüsterte Fynn und öffnete die Tür.