Fynn spürte, dass ihn etwas am Rücken berührte. Er stellte sich weiter schlafend und taste nach seinem Messer. Doch er konnte es nicht finden. Er spannte seine Muskeln, drehte sich blitzschnell um und packte seinem Angreifer.
Paola schrie auf und versuchte sich zu wehren. Doch Fynn war zu stark und drücke sie fest auf den Boden.
„Fynn, lass mich los! Du tust mir weh!“
Als er ihre Stimme hörte, begriff er, dass alles nur ein Traum war. Aber der Traum war Wirklichkeit, auch wenn die schon lange zurück lag und er sie bis jetzt erfolgreich verdrängt hatte. Er ließ Paola los und setzte sich neben sie. Seine Wunde schmerzte und alle Kraft die er gerade noch hatte war verschwunden. Auch Paola richtete sich auf und blickte ihn an. Mit gesenktem Kopf und mehr in sich zusammengesunken als aufrecht saß er neben ihr und starre auf den Boden.
„Was ist los mit dir?“ In Ihrer Stimme lag kein Vorwurf, nur Mitgefühl und Angst um Fynn.
„Nichts. Ich habe nur schlecht geträumt. Entschuldige bitte, es tut mir leid.“
Die Entschuldigung war echt, doch er schämte sich so, dass er Paola immer noch nicht anschauen konnte.
„Lass mich nach deiner Wunde sehen“, sagte sie, um das peinliche Schweigen zu beenden und um ihrer beider Gedanken abzulenken. Widerstandslos ließ er sich von Ihr auf die Seite drehen und untersuchen.
„Alles okay“, sagte sie schließlich. „Der Verband ist etwas verrutscht, Lele soll dir morgen früh einen neuen anlegen.“
Fynn nickte nur. Paola legte sich neben ihn, griff seine Hand und suchte seine Augen mit ihren.
„Mit dir auch wieder alles okay?“ Wieder nickte er nur. Doch so schnell wollte Paola nicht aufgeben.
„Du kannst es mir sagen.“
„Ich liebe dich.“
„Ich liebe dich auch, Fynn. Aber seit du mich befreit hast, schläfst du jede Nacht unruhiger und redest wirres Zeug im Schlaf. Also sag mir bitte nicht, es liegt daran, dass du mich liebst.“
„Was? Nein, es liegt natürlich nicht….“ Zu spät merkte er, dass er ihr in Falle gegangen war. Paola lächelte triumphierend und gab ihm einen Kuss.
„Ich hole uns etwas zu trinken, und dann reden wir, okay?“
Bevor er antworten konnte, war Paola schon aufgestanden. Sie ließ sich absichtlich Zeit und kam nach einer Weile mit zwei Bechern, Wasser und einem Trinkschlauch mit Wein zurück.
„Wein?“ fragte Fynn.
„Aus medizinischen Gründen“, antwortete Paola trocken.
„Wegen meiner Wunde?“
„Wegen all deiner Wunden.“
Nachdenklich trank er langsam seinen Wein und suchte nach einem Anfang. Paola wurde ungeduldig.
„Wer ist Jarkko? Du hast im Schlaf ein paar mal seinen Namen erwähnt.“
„Jarkko ist Janne. Früher hieß er Jarkko, heute nennt er sich Janne.“
„Warum?“
„Um zu vergessen. Um die Vergangenheit hinter sich zu lassen und um nicht erkannt zu werden.“
„Hattest du früher auch einen anderen Namen?“
„Nein, ich heiße wirklich Fynnjard.“
„Und du kennst ihn von früher?“
„Ja, aus einem anderen Leben. Und jetzt ist er wieder aufgetaucht. Ausgerechnet in deinem Dorf.“
Dann erzählte er ihr von dem Kampf um Ogre, seiner Begegnung mit Jarkko auf der Brücke, dem Sprung ins Wasser und seiner Flucht bis zu der Stelle, als er aufgewacht war, weil Paola sich im Schlaf an ihn gekuschelt hatte.