Fynn war auf dem Weg zu der kleinen Hütte am See, die zu ihrem Lieblingsplatz geworden war. Alles Ausflüge mit Paola endeten dort oder sie verbrachten den ganzen Tag am See. Paolas Bedenken, der Besitzer könne plötzlich auftauchen waren verschwunden. Sie hatten die Hütte auf Vordermann gebracht, Fynn hatte die Feuerstelle ausgebessert und daneben ein kleines Stück Wiese gemäht. Mit der Zeit war auch ein kleiner Garten entstanden. Es waren sehr glückliche Tage, die sie dort zusammen erlebten. Paola konnte in Ruhe ihre Bücher lesen oder die Pflanzen in der Gegend erkunden. Fynn hatte ein paar kleinere Reparaturen an der Hütte und am Steg vorgenommen. Ansonsten vertrieb er sich die Zeit mit Angeln oder jagen. Er war nicht nur ein geschickter Jäger, er verstand es auch, seine Beute mit einfachen Mitteln in leckere Mahlzeiten zu verwandeln. Der See war ideal, um sich an heißen Tagen abzukühlen. In ihrer Fantasie stellten Paola und Fynn sich einen Ort wie diesen als ihr Zuhause vor und träumten gemeinsam von einem glücklichen Leben an diesem Ort.
Die Hütte war nicht mehr weit und in Fynn wuchs die Nervosität. Er war den Tag so oft im Kopf durchgegangen. Heute wollte er Paola mit einem Geschenk überraschen und ihr sagen, dass er den Rest seines Lebens mit ihr erleben wollte. Er hatte den Besitzer der Hütte ausfindig gemacht und sich mit ihm auf einen Kaufpreis geeinigt. Wenn er uns Paola zusammenlegen würden, könnten sie sich ihr Paradies kaufen. Nach dem Essen würde er Paola damit überraschen; wenn er es solange noch für sich behalten konnte. Er war an der Hütte angekommen und machte sich daran, die Fallen zu kontrollieren. Wenn er nichts gefangen hatte wollte er einen Fisch angeln.
Im Weihnachtsdorf verließ Paola die Backstube und machte sich auf den Weg zur Hütte. Sie wollte noch kurz zuhause bei Oma Lerke vorbeischauen und sich für Fynn hübsch machen. Er hatte heute morgen aufgeregt gewirkt, fast wie ein kleines Kind, und sie immer wieder gefragt, ob sie denn wirklich nach der Arbeit zu der kleinen Hütte kommen würde. Es war seltsam und Paola ging sein Verhalten den ganzen Tag nicht aus dem Kopf. Insgeheim hoffte sie, dass Fynn sich dazu entschlossen hatte für immer im Weihnachtsdorf zu bleiben und mit ihr zusammen zu leben. Deswegen wollte sie hübsch sein. Nicht zu hübsch, denn wenn er sie heute nicht fragen würde, wäre es peinlich für sie. Schließlich gab es ja auch die Möglichkeit, dass er sich heute nur von ihr verabschieden wollte. Die Lage war also nicht eindeutig. Eindeutig war nur, dass sie ihn liebte und wollte. Und Fynn liebte sie auch. Sie steckte noch ein weiteres Buch in ihrem Rucksack und machte sich auf den Weg.
Die Fallen waren leer. Fynn musste also einen Fisch fangen. Das war gar nicht so leicht. Denn im Moment konnte er alles, nur nicht still sitzen. Er hatte sie Angelrute an einem der Pfosten am Steg befestigt und ging nervös am Ufer auf und ab. Dabei murmelte er halblaut vor sich hin. Immer wieder sagte er sich die Worte die er Paola sagen wollte selber vor. Er veränderte hier ein Wort, stellte da den Satz etwas um, verwarf das ganze dann komplett und fing von vorne an. Warum war es nur so verflixt kompliziert, etwas einfaches auch einfach auszudrücken? Und wo blieb eigentlich Paola?
Er sah zum Himmel. Die Sonne würde bald anfangen unterzugehen. Paola müsste längst hier sein. Sie hatte versprochen, so bald wie möglich zu kommen. Selbst wenn sie bis zum Schluss in der Backstube bleiben würde, müsste sie mittlerweile schon hier sein.
Seine Nervosität verwandelte sich langsam in Angst. Hatte er aus versehen etwas von seinen Plänen verraten? Kam Paola deswegen nicht? Vielleicht wollte sie gar nichts an ihrer Beziehung verändern. Sie waren ein Paar, soviel war klar. Und sie hatten sich hier zum ersten mal gegenseitig ihre Liebe gestanden. Auch soviel war klar. Und wieso kam sie dann nicht? Das war unklar. Gut, sie hatten niemandem offiziell erzählt, dass sie zusammen waren. Wollte Paola das etwa gar nicht? War sie nicht bereit, für mehr? Fynn ging nicht mehr am Ufer auf und ab, er rannte.
Seine Gedanken stürzten seine Gefühle ins Chaos und umgekehrt. Das und die Tatsache, dass es bereits dunkel war und Paola immer noch nicht hier war, machten ihn wütend. Er lies alles liegen und stehen und machte sich auf. Wo auch immer sie war, er würde sie finden und zur Rede stellen.