Der Frühling setzte früher ein als üblich. Das Wetter war angenehm mild und so beschlossen Topa und Paola wenige Tage nach dem Frühlingsfest, das Grab ihrer Eltern zu besuchen. Sie packten einige Vorräte, Decken sowie Felle auf den Schlitten und machten sich auf, zum ersten mal etwas als Geschwister zu unternehmen.
„Ich freue mich wirklich, dass du bei uns bleiben möchtest“, gestand Topa. „Aber es erstaunt mich auch ein wenig, dass du scheinbar sogar nicht an deiner Heimat hängst.“
Die Nachricht, dass sie bleiben würde, hatte sich, wie alle Neuigkeiten, schnell im Dorf herumgesprochen. Und wie Topa freuten sich die Leute, konnten sich aber nur schwer vorstellen, warum jemand seine Heimat verlassen würde. Ihre Antwort auf diese Frage klang nach den vielen Wiederholungen sehr natürlich und überzeugend.
„Ich habe hier eine neue Heimat gefunden. Mein leiblicher Bruder und meine Verwandten leben hier. Ihr habt mich in die Familie aufgenommen. Und ich kann nach Herzenslust kochen und backen.“
„Die Leute lieben deine kleinen Naschereien in der Backstube; und ich auch“, grinste Topa.
Als sie sich gegen Abend einer kleinen Baumgruppe näherten schlug Topa vor, hier das Nachtlager aufzuschlagen. Topa versorgte die Rentiere und richtete den Schlitten für die Nacht her, Paola kümmerte sich um das Abendessen.
„Dieser Eintopf ist köstlich“, lobte Topa seine Schwester. „Die Zutaten sind die gleichen wie bei uns im Dorf, trotzdem schmeckt es bei dir anders; sehr lecker, aber anders“.
„Das liegt daran“, erklärte Paola, „dass ich weniger und auch andere Gewürze verwende. Dadurch schmeckt man die Hauptzutaten intensiver.“
„Wo hast du Kochen gelernt?“
„Bei uns ist Essen eine Philosophie. Wir nehmen uns mehr Zeit dafür und beschäftigen uns intensiver damit als die Leute hier. Aber ich habe auch eine richtige Ausbildung als Koch und Bäcker. Wir trennen diese beiden Berufe in meinem Dorf nicht so streng wie hier.“
„Ich kann dich gut verstehen. Als Junge war ich oft bei Tante Unn in der Backstube. Das war spannend und hat mir Spaß gemacht. Wir haben sogar ein neues Rezept für Lebkuchen erfunden.“
„Du kannst Backen?“, fragte Paola.
„Ja, und kochen. Tante Unn hat es mir gelernt.“
„Das ist fantastisch. Warum bist du nicht dabei geblieben und bist Nikolaus geworden?“
„Um in der Backstube zu arbeiten war ich noch zu jung, ich bin ja noch zur Schule gegangen. Und nach der Schule war kein Platz frei in der Backstube. Die Aussicht als Nikolaus zu arbeiten hat meine Neugier geweckt. Ich konnte viel entdecken, durfte später sogar zu den Menschen. Und die langen Fahrten geben mir Gelegenheit, mir neue Geschichten und Figuren auszudenken. Der Unterschied zwischen dem was du tust und dem Ausdenken von Geschichten ist gar nicht so groß.“
„Bei mir ist es die Neugier und die Anspannung, ob das Ergebnis dann so gelingt, wie ich es mir vorstelle. Die meiste Freude bereitet es mir aber, die Leute mit meiner Arbeit zu überraschen“, verriet Paola. „Das darfst du aber niemandem verraten.“
„Versprochen“, sagte Topa. „Mir geht es beim Schreiben ähnlich. Manchmal stell ich mir sogar vor, wie die Leute lachen oder mit meinen Figuren Angst haben“, sagte Topa.
„Warum lässt du deine Geschichten dann nicht drucken?“
„Ich habe Angst, dass den Leuten meine Bücher nicht gefallen, dass sie meine Figuren doof finden oder sie mit mir in Verbindung bringen. Das darfst du aber niemandem verraten.“
Paola und Topa unterhielten sich noch eine Weile und legten sich dann schlafen.
„Darf ich es auch Lele nicht verraten?“, fragte Paola.
„Lieber nicht, sie hat schon genug Probleme.“
„Machst du dir Sorgen um sie?“
„Ja.“
„Du liebst sie wirklich, hm?“
„Ja.“
„Dann gute Nacht. Schlaf gut.“
Ich glaube auch gedruckt sind die Geschichten so schön.