Topa erschrak. Was machte Paola hier? Und in wessen Bett lag er eigentlich? Er hoffte nur, dass es nicht Paolas Bett war.
„Guten Morgen“, grüßte Paola freundlich. „Hast du gut geschlafen?“
„Äh…., ich äh…., also ….. ja, ich denke schon.“
„Du denkst schon? Na kein Wunder, so betrunken wie ihr beiden gestern wart.“ Paola lachte und setzte sich zu ihm auf die Bettkante.
Topa rutschte so weit an die Wand wie er konnte und zog sich die Decke so weit unter ging, dass seine Füße auf der anderen Seite heraus schauten.
„Nur keine Angst, ich tu dir schon nichts.“ Wieder lachte Paola. „Du bist ja richtig schüchtern. Also das hätt ich nicht von dir gedacht.“
Topa starrte sie nur mit müden Augen an. In seinem Kopf hämmerten zwei Fragen. Wie war er hierher gekommen? Und was war gestern passiert? Scheinbar ahnte Paola, was in seinem Kopf vorging.
„Toni hat dich gestern völlig betrunken hier rein geschleppt. Das hier ist seine Stube. Ihr beiden habt so einen Krach gemacht, dass ich aufgewacht bin. Und nicht nur ich, die anderen sind auch fast alle aufgewacht. Wir Italiener wohnen alle in dieser Hütte. Dann hast du ständig etwas von einer schönen Frau gefaselt; die schönste Frau, die es auf der ganzen Welt gibt. Und dann hast du mich ständig Lele genannt und mir unzählige male erklärt, dass du mich liebst und das es keine faszinierendere Frau gibt als mich. Wer ist denn diese Lele?“
Topa wurde rot vor Scham und zog die Decke über den Kopf. Was hatte er da nur angestellt. Paola musste ihn ja für einen kompletten Idioten halten. Er konnte nur hoffen, dass die anderen Italiener ihn nicht verstanden hatten, sein Auftritt war auch so schon peinlich genug.
Paola griff nach der Decke und zog sie soweit zurück, dass wenigstens sein Kopf wieder zu sehen war.
„Es tut mir so leid“, murmelte Topa. „Entschuldige bitte, ich hab das nicht so gemeint.“
„Was gibt’s denn da zu entschuldigen? Bei mir musst du dich nicht entschuldigen. Du solltest dieser Lele sagen, was du mir gestern gesagt hast. Ich würd sie ja echt gerne kennen lernen diese Lele“
„Du bist nicht böse auf mich?“
„Nein“, antwortete Paola. „Warum sollte ich sauer sein? Ich fand euren Auftritt gestern sehr lustig.“
Topa versuchte seine Gedanken zu ordnen. Nach dem, was Toni ihm erzählt hatte, war er davon ausgegangen, dass Paola ihn mochte. Und er redet dann so ein Zeug daher. Er musste sie fragen, auch wenn es ihm richtig peinlich war.
„Dann bist du nicht in mich verliebt?“, fragte er.
Paolas Lachen erstarrte. Topa war sich sicher, einen Fehler gemacht zu haben. Am liebsten hätte er sich in Luft aufgelöst.
„Wie kommst du denn darauf?“ empörte sich Paola.
„Toni hat sowas angedeutet, weil wir uns auf Anhieb so gut verstanden haben.“
„Stronzo!“, schimpfte Paola. „Dieser Dummkopf. Nur weil ich mit einem anderen Kerl unterhalte, glaubt er gleich, ich würde mich verlieben.“ Topa hielt es für klüger, den Mund zu halten.
„Entschuldige bitte“, sagte Paola dann in einem wesentlich freundlicheren Ton zu ihm. „Natürlich liebe ich dich nicht. Ich habe meinen Verlobten bei uns im Weihnachtsdorf; wir wollen heiraten wenn ich zurück komme.“
Topa fiel ein Stein vom Herzen. „Und ich hab gedacht, du bist beleidigt, weil ich dich in meinem Zustand für Lele gehalten habe“.
Die Anspannung war bei beiden verflogen und sie fingen an zu lachen. Es war Paola, die als erste aussprach, was beide dachten.
„Gut, dass wir das geklärt haben. Du bist ein toller Typ Topa. Ich mag dich und ich würde gerne eine deiner Geschichten lesen. Aber mein Herz ist schon vergeben; und deines ja auch.“
„Da kann ich dir nur zustimmen. Ich sollte langsam gehen, meine Rentiere stehen auch noch vor dem Wirtshaus.“
„Ich hab Frühstück für euch gemacht. Kennst du italienisches Frühstück? Toni ist auch schon wach. Zieh dich an, ich warte in der Küche auf dich.“
Toni saß noch einen Moment im Bett und war froh, dass sich seine Befürchtungen nicht bewahrheitet haben. Manchmal ärgerte er sich über seine negativen Gedanken, konnte aber nichts dagegen tun. Und wie dieses mal stellte sich auch sonst meistens heraus, dass diese Gedanken schlichtweg falsch und dumm waren. Dann stand er auf, zog sich an und ging in die Küche.
Das Frühstück war eine Wucht. Paola hatte sogar Brot gebacken. Dazu gab es Marmelade, Schinken, Tomaten und allerlei Köstlichkeiten, die er bis jetzt nur in Tante Unns Backbüchern gesehen hatte.
Er bedankte sich bei Toni für die Unterkunft und bei Paola für das Frühstück. Zum Abschied umarmte er Paola und sagte: „Du musst unbedingt mal in die Backstube kommen. Tante Unn und ich wollen alles über eure Koch- und Backkunst erfahren.“
„Das würde ich sehr gerne, vielleicht kannst du mir im Gegenzug etwas über eure Küche beibringen.“
„Das mach ich gerne,“ antwortete Topa.
Dann machte er sich auf den Weg zum Wirtshaus. Tatsächlich stand sein Schlitten noch davor. Die Rentiere würdigten ihn keines Blickes. Normal freuten sie sich, wenn sie ihn sahen.
„Ihr habt ja recht“, sagte er zu seinen Rentieren. „Es war kein feiner Zug von mir, euch die ganze Nacht hier draußen stehen zu lassen.“
Dann machte er sich auf den Heimweg. Tante Unn würde sich sicher schon fragen, wo er steckte.