„Und wir Dorfbewohner schätzen und achten unsere Wichtel sehr, auch wenn sie vermeintlich nur einfache Aufgaben erledigen. Aber sie sind zuverlässig, hilfsbereit und immer freundlich und lustig. Wir Dorfbewohner haben genauso unsere feste Aufgabe. Wir bewirtschaften unsere Felder, gehen Jagen und Fischen oder arbeiten im Wald oder im Bergbau. Andere verarbeiten die Rohstoffe und Grundnahrungsmittel dann weiter. So stellen wir alles was wir zum Leben brauchen selber her.
Jeder Arbeiter bekommt seinen Anteil. Wir tauschen und handeln unsere Waren untereinander. Auch wir sind mit dem zufrieden, was wir haben. Durch den Handel mit anderen Weihnachtsdörfern haben wir ein paar zusätzliche Annehmlichkeiten. Waren, die wir so nicht haben und die uns neue Möglichkeiten eröffnet haben. Aber auch das sind alles Waren, die nach unseren Werten und Vorstellungen hergestellt wurden. Das, was wir nicht für uns selber brauchen, verwenden wir, um die Geschenke für Weihnachten herzustellen.
Unser Rhythmus wird durch die Natur vorgegeben, unsere Werte sind Engagement für die Gemeinschaft, Miteinander, Familie, Kinder, Freunde und das Leben mit der Natur. Wenn wir durch Zeitmangel und Termindruck einen großen Teil davon aufgeben müssen, welche Auswirkungen hat das dann auf unser Leben?“
Die Frage war mehr an ihn selbst als an Kine gerichtet. Deswegen gab sie ihm auch keine Antwort darauf, sondern lenkte das Gespräch auf ein Thema, dass sie selbst sehr beschäftigte.
„Einige von uns leben seit langer Zeit bei den Menschen. Sie organisieren die Geschenke, die wir nicht selbst herstellen wollen oder können. Bei uns gibt es keinen Strom, wir haben von elektrischen Dingen keine Ahnung. Deswegen haben wir entschieden, dass wir Dorfbewohner zu den Menschen schicken. Sie leben dort völlig unauffällig als Arbeiter, Angestellte, Schriftsteller, Musiker, Landwirte oder Fabrikbesitzer. Teilweise verwenden sie Waren aus dem Weihnachtsdorf für ihre Produkte. Es gibt Stimmen im Dorf, die fordern, dass Wissen und die Erfahrung dieser Leute zu verwenden, um unser Leben produktiver und effektiver zu gestalten. Was hältst du davon?“
Santa Claus blickte seine Frau erschrocken an.
„Da halt ich gar nichts davon. Es gibt nur wenige im Dorf, die überhaupt wissen, das Dorfbewohner bei den Menschen leben. Wir haben damals aus gutem Grund entschieden, das möglichst wenige davon wissen sollen. Weder bei uns im Dorf, noch die Menschen sollen davon wissen. Bis jetzt sind wir sehr gut damit gefahren. Auch diese Folgen können wir nicht abschätzen.“
„Was willst du also den Leuten auf der Versammlung erzählen?“, fragte Kine.
„Ich würde gerne vor den Gefahren, die ich sehe, warnen. Aber dann müsste ich zugeben, dass wir mit den Menschen Kontakt haben, das wir mitten unter ihnen leben.“
Kine stand auf und packte Essen und Geschirr wieder in ihren Korb. Santa Claus sah ihr wortlos zu.
„Ich für meinen Teil seh da nur zwei Lösungen. Entweder du lüftest das Geheimnis, oder du holst dir Hilfe.“
„Hilfe könnt ich in der Tat gebrauchen“, gab Santa Claus zu. „Nur wen weihe ich außer dir noch in meine Gedanken ein. Es müsste jemand sein, der unsere Geheimnisse kennt und der genug Erfahrung hat, mit so schweren Entscheidungen umzugehen.“
„Oder jemand, der gut Geschichten erzählen kann“, ergänzte Kine die Gedanken ihres Mannes ganz beiläufig.
„Komm, wir gehen nach Hause, vielleicht fällt dir an der frischen Luft ja eine Lösung ein.“
„Das mit dem Geschichtenerzähler ist eine gute Idee, aber auch da fällt mir niemand ein. Ich müsste ihn ja auch einweihen“, antwortete Santa Claus, zog seinen Mantel an und folgte Kine nach draußen.
Sie ließen den Schlitten stehen und gingen zu Fuß nach Hause.
„Ja, du hast vermutlich recht“, nahm Kine das Gespräch nach einer Weile wieder auf. „Es müsste jemand sein, dem du vertraust, der die Menschen und unsere Kontakte dort kennt, der Erfahrung hat und gut Geschichten erzählen kann. Mir fällt auch niemand aus dem Ausschuss ein, der alle Anforderungen erfüllt.“ Sie betonte dabei absichtlich das Wort Ausschuss.
Plötzlich blieb Santa Claus stehen und seufzte theatralisch.
„Ein Mann hat es wirklich schwer, wenn seine Frau so klug ist.“
Kine lächelte ihn an. Es war seine Art, ihr Komplimente zu machen. Mit der Zeit hatte sie diese Art lieben und schätzen gelernt.
Santa legte den Arm um seine Frau und gab ihr einen Kuss. „Meinst du, Topa ist noch wach?“ grinste er.